Skip to main content
2. Studientag - Konstanz - 6.-7. Juli 2016

6.-7. Juli 2016, Universität Konstanz

Zum zweiten Mal luden Karin Leonhard, Sandra Hindriks und Janina Modemann vom 6. bis 7. Juli zum diesjährigen ANKK-Nachwuchsstudientag ein. Der dezidiert an Masterstudierende, Promovierende sowie Nachwuchswissenschaftler/innen gerichtete Workshop erwies sich bereits im ersten Durchführungsjahr 2015 am Kunsthistorischen Institut der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn als hervorragende Plattform für die Teilnehmerinnen, deren Forschungsthemen und -interessen einen Bezug zur Kunst und Kultur der Niederlande aufweisen, sich mit Gleichgesinnten über wissenschaftliche Projekte und Erfahrungen auszutauschen und sich untereinander zu vernetzen. Standen im Vorjahr die etablierten Methoden zur niederländischen Kunstgeschichtsforschung zur Diskussion, so widmete sich die diesjährige Tagung in Konstanz dem Studium kunstwissenschaftlicher und kunstliterarischer Quellen der Neuzeit.

Die gemeinsame Lektüre und der Vergleich selektiver Textstellen konzentrierte sich insbesondere darauf, übergeordnete Begrifflichkeiten und Topoi herauszustellen und zu bewerten. Im Vorfeld bearbeiteten die Teilnehmerinnen ausgewählte Schriften Giorgio Vasaris oder Karel van Manders, um während des Studientags auf die gemeinsame Diskussion und Besprechung auftretender Fragestellungen zu fokussieren. Bereichert wurde die Diskussion durch Vorträge zweier Teilnehmerinnen zu deren Auseinandersetzung mit Quellen der Kunstliteratur innerhalb aktuell laufender Forschungsprojekte.

Klara Lindnerova (Paris Lodron Universität, Salzburg) untersucht in ihrer Promotion die Kunst Jan van Eycks im Hinblick auf die Auseinandersetzung mit der Antike in den frühneuzeitlichen Quellen. Der Vergleich mit Lebensbeschreibungen antiker Künstler wie Apelles oder Phidias wurde in ihrem Vortrag am ersten Studientag vorgestellt. Mit Verweis auf das Quellenproblem für die Kunst der Niederlande in der 1. Hälfte des 15. Jahrhunderts hält sie fest, Jan van Eycks Funktion als Hofmaler für Philip den Guten und dahingehend insbesondere die Rezeption der Kunst und der Antike sowie die Festkultur am burgundischen Hof in den Blick zu nehmen.

Vasaris nationalistisch geprägtes Verständnis von Jan van Eycks Kunst steht folglich zur Diskussion. Zwar weist er den Flamen als Erfinder der Ölmalerei aus und trägt so ungewollt zur Legendenbildung um van Eyck bei, doch entgegnet er der nordalpinen Malerei mit wenig Zuspruch und fokussiert in seiner Erzählung über die Ölmalerei auf deren meisterliche Verbreitung und Vervollkommnung in der Kunst Antonello da Messinas. Konträr gegenüber der Glorifizierung italienischer Kunst steht Karel van Manders Beschreibung niederländischer Kunstproduktion und deren Vergleich mit dem Kunstschaffen der Antike. Gleichsam stellt sich bei der Lektüre van Manders die Frage nach der Rezeption und möglichen persönlich motivierten Interpretation von Vasaris Lebensbeschreibungen. Mit praktischen und pragmatischen Hinweisen wendet sich Philips Angel in seinem Text den Mitgliedern holländischer Malergilden zu. Er verlangt dem Maler ein gesundes Urteil, eine treffsicher zeichnende Hand, oder die Fähigkeit zu „ordinieren“ ab. Hier gilt insbesondere zu fragen, wofür „ordinantie“ oder etwa „handeling“ als theoretische Begriffe niederländischer Kunsttheorie damals standen und wie diese Begriffe in der heutigen wissenschaftlichen Sprache aufgefasst und eingesetzt werden. Neben einem aufschlussreichen Einblick in die sozialen Produktionsbedingungen holländischer Künstler der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts drängt sich bei Jan van Gools Lebensbeschreibungen gleichsam die Frage auf, inwiefern er diese selbst unter Einflussnahme externer Interessen verfasste. Haben sich im 17. Jahrhundert in der holländischen Kunst Subgenres wie das Stillleben etabliert, wird dieses zu Beginn des 18. Jahrhunderts bei Gerard Lairesse erstmals genau beschrieben und gewissermaßen einer Kategorisierung unterzogen, die Anforderungen an den Künstler für ein anspruchsvolles Stillleben festlegt und sich insbesondere in der Beschreibung dieser auf verschiedenste Begrifflichkeiten hin untersuchen lässt. Die Aufforderung Franciscus Junius’, die Kunst als Imagination der Natur, nicht als Abbild dieser zu betrachten und zu denken, richtet sich an Betrachter wie Künstler. Sie spiegelt das englische Interesse am Neoplatonismus im frühen 17. Jahrhundert wider, bietet eine Reihe von Begrifflichkeiten zur Beschreibung und richtet sich gleichsam gegen eine Reduzierung der Kunst auf reine Abbildhaftigkeit.

Elvira Bojilovas (Universität Hamburg/Kunsthistorischen Institut in Florenz – Max-Planck-Institut) systematische Untersuchung von Schraffur als prozessuales Gestaltungselement im Rahmen ihrer Dissertation behandelt als Teilaspekt das Verhältnis von Kalligraphie und Schraffur. Ihr Vortrag am zweiten Studientag stellt ein markantes, wenn auch kurzzeitiges Allianzverhältnis, in dem sich die Schönschrift und Schraffur auffallend nahekommen, heraus. Zentrale Fragen dabei sind, wie dieses Verhältnis theoretisch verhandelt wird und inwiefern die in der Praxis allgegenwärtige Schraffur in der Kunstliteratur diskutiert wird. Die Elaboration von Begrifflichkeiten der Druckgrafik in den Niederlanden im 17. Jahrhundert erlaubt ihr dabei, eine Revision des Begriffes zu erkennen.

Die selektive Lektüre von Schriften zur Kunstliteratur aus unterschiedlichen Epochen, Sprach- und Kulturräumen ermöglichte vornehmlich eine quantitative Bewertung der Topoi und Begriffe. In der Abschlussdiskussion des Studientags wurden die in der Lektüre herausgelesenen Begriffe zusammengefasst und bewertet, wobei eine unter den Teilnehmerinnen rasch resultierende Feststellung war, dass die historischen Begriffe nicht einfach in unseren heutigen Sprachgebrauch übersetzt werden können, sondern in deren Historizität reflektiert werden müssen. Selbiges gilt für den damaligen Sprachgebrauch, erschienen die behandelten Quellen in unterschiedlichen Sprach/Kulturräumen teils in mehreren Übersetzungen. Die Frage nach der überhaupt möglichen richtigen Übertragung von Begriffen in andere Sprachregionen stand ebenso im Raum. Gibt es und gab es äquivalente Begriffe, was etwa beschrieb „maniera“ in den Niederlanden oder „ordinantie“ in Italien? Oder ferner, was sind die Quellen hinter den Quellen? In der gemeinsamen Wiederholung einzelner Begrifflichkeiten kristallisierte sich die Häufigkeit künstlerischer Anweisungen und Anforderungen heraus. So spricht van Mander von vier Eigenschaften, die ein Maler haben muss (Geduld, Gedächtniskraft, Verstand und Geist in Fülle), oder verlangt Angels dem Künstler Urteilskraft, Geduld aber auch das Vermögen, die Gunst des Betrachters anzusprechen, ab, die durch künstlerische Mittel evoziert werden könne. Van Gool fordert die Herausbildung eines individuellen Stils.

Wenngleich die Lektüre der ausgewählten Kunstliteratur aufgrund zeitlicher Rahmenbedingungen nur fragmentarisch erfolgen konnte, ließen sich quantitativ Begriffe herausarbeiten. Über den Studientag hinaus soll eine Linksammlung zu digital verfügbaren literarischen Quellen zusammengestellt werden.

Programm:

6. Juli 2016:

  • Vortrag: Jan van Eyck und die Antike in den frühneuzeitlichen Quellen (Klara Lindnerova)
  • Lektüre und Diskussion:
    • Giorgio Vasari, Le vite de' più eccellenti pittori, scultori e architettori, 1550/1568
    • Karel van Mander, Het Schilder-boeck, 1604
    • Philips Angel, Lof der schilder-konst, 1642

7. Juli 2016:

  • Vortrag: Grammatica versus pictura/Jan van de Velde versus Hendrick Goltzius (Elvira Bojilova)
  • Lektüre und Diskussion:
    • Johan de Vries, De nieuwe Schouburg, 1750
    • Gerard de Lairesse, Groot schilderboek, 1712
    • Franciscus Junius, De Pictura Veterum, 1637

Teilnehmerinnen:

Elvira Bojilova
Mariam Hammami
Constanze Keilholz
Svenja Lehnhardt
Klara Lindnerova
Isabelle Nové
Anna Lisa Schwartz
Luisa Senkowsky
Rebecca Welkens
Larissa Weiler